Theodor Kevekordes aus Würzburg ist überzeugt, dass Kunden nicht nur passende ergonomische Produkte benötigen, sondern auch über den richtigen Gebrauch fachmännisch geschult werden müssen. Erfahren Sie hier warum das so wichtig ist.
1. Seit wann ist Ergonomie für Sie ein Thema? Wie sind dazu gekommen?
Die Freude, sich intensiv mit guten Möbeln in bestem Design und bester Qualität zu beschäftigen, war bei mir immer schon vorhanden. Deshalb startete ich beruflich in der herkömmlichen Möbelbranche. Das alleine sollte aber nicht lange währen, weil ich feststellte, dass gutes ergonomisches Sitzen zu einem wesentlichen Bedürfnis geworden war, aber gutes Design dabei leider oft zu kurz kam.
2. Können Sie kurz Ihren beruflichen Werdegang in Sachen Ergonomie skizzieren? (Seit wann betreiben Sie ihr eigenes Ladengeschäft?)
Der Weg zum eigenen Laden erfolgte stufenweise, angefangen bei eigenen Studien bis hin zur Eröffnung meines ERGONOMIESTUDIOS im Jahre 2007. Damals hielt ich noch sehr am Schwerpunkt „Wohnen“ fest und firmierte unter „Wohnen Aktiv“, aber ich liebäugelte schon mit dem Gedanken, mich auf bewegtes Sitzen zu focussieren.
Tatsächlich waren meine ersten Möbel maßgefertigte Funktionssessel. Nur so konnte ich ganz individuell auf den Menschen mit seinen körperlichen Anforderungen und Wünschen eingehen. Es kamen skandinavische Balans-Möbel hinzu, darunter sogar Steh-Sitz-Tische. Sukzessive erweiterte sich die Produktpalette immer mehr, so dass ich mein Studio mit Möbeln und ergonomischen Hilfsmitteln der namhaftesten Hersteller auf den neuesten Stand gebracht habe. Allerdings nicht immer zwangsläufig. Nach wie vor prüfe ich selbst jeden Artikel auf Herz und Nieren und beratschlage mich mit dem Expertenkreis der Ergonomiepartner.
3. Was bedeutet Ergonomie für Sie?
Ergonomie ist immer ganzheitlich zu sehen. Wenn wir uns z.B. einen perfekten ergonomischen Stuhl anschaffen, heißt das nicht, dass wir dann automatisch besser sitzen. Das „wie“ ist hier entscheidend. Ohne eine kompetente Einweisung auf das neue Mobiliar sitze ich womöglich genauso schlecht wie vorher. Körperliche Merkmale und das typische tägliche Verhalten sind fachkundig zu analysieren und in Empfehlungen umzusetzen.
Hier muss einfach Leidenschaft mit in die Beratung einfließen! Ja, und dafür muss man sich die Zeit nehmen. Dann macht es Spaß, mit den Menschen individuelle Lösungen für sie zu finden, die nachhaltig wirksam sind. Das bedeutet Ergonomie für mich.
4. Das Sitzen und die damit verbundene Bewegungslosigkeit stehen aktuell sehr in der Kritik. Jüngste wissenschaftliche Studien sparen nicht mit harschen Vorwürfen. Wie schätzen Sie die Sachlage ein?
Ganz klar, das ist so! Die menschliche Muskulatur und der Knochenbau sind für die Bewegung optimal entwickelt. Unser Arbeitsalltag besteht aber in zunehmendem Maße aus stundenlanger sitzender Tätigkeit ohne Abwechslung. Auch bei den Mahlzeiten, im Auto oder in der Bahn, in der Pause, vor dem Fernseher oder im Kino – überall kommt die Bewegung zu kurz.
5. Gibt es einen Hersteller / Produktlinie, die Sie besonders schätzen / empfehlen?
Ich schätze Haiders Bioswing-Schwingelemente, weil sie durch ihre Konstruktion für etwa 10 Prozent mehr Bewegungsdynamik sorgen und damit – sogar ohne eigenes Zutun – den Muskelaufbau aktivieren. Fitform-Sessel kommen meiner Philosophie entgegen: Als Maßanfertigungen garantieren sie eine körpergerechte Sitzposition. Und es gibt sie von modern bis hin zum Pflegebereich für jede Einsatzmöglichkeit. Unsere fitMotion-Modelle bieten viele Verstellmöglichkeiten und erleichtern damit häufige Haltungswechsel.
6). Auf welchem Stuhl und an welchem Schreibtisch sitzen / arbeiten Sie?
Ich sitze vorwiegend auf einem Haider „Bioswing“. Aber allein schon um mir ein eigenes Bild zu verschaffen, wechsle ich regelmäßig zu den neuesten Modellen aller Hersteller im Sortiment. Grundsätzlich sitze und stehe ich bewusst körperkonform, bewegt und körperzentriert.
7. Welche Maßnahmen empfehlen Sie zusätzlich um einen Arbeitsplatz ergonomisch sinnvoll zu gestalten?
Ich empfehle, wovon ich überzeugt bin und was ich auch selbst praktiziere; hier schließe ich an die vorherige Frage an: Ich empfehle alles was körperkonformes, körpernahes und körperzentriertes Sitzen und Stehen unterstützt, entspanntes Sitzen ermöglicht, und vor allem was variantenreichen und häufigen Haltungswechsel anregt.
8. Ergonomie am Arbeitsplatz ist für viele Menschen ein Begriff. Wie sieht es zu Hause aus? Welche Möglichkeiten empfehlen Sie dort?
Entspannung ist heute schwieriger geworden, aber nicht unmöglich! Ich nenne hier einmal den skandinavischen Hersteller Varier, weil er für viele Arten der Freizeitgestaltung eine passende Sitzidee bietet. Fitform hat eine interessante Wellness-Kollektion, die auf das Wohlbefinden abzielt. In erster Linie werden zuhause Fehler bei der Ausstattung des Heimbüros gemacht. Nur weil der (Teil-)Arbeitsplatz daheim möglicherweise noch anderweitig genutzt wird, werden die ergonomischen Erfordernisse vernachlässigt, die man im Büro durchaus als wichtig erachtet.
9. Gibt es weitere Bereiche des Lebens, wo Ergonomie eine Rolle spielt (wie z.B. Autofahren, Sport, Freizeit)?
Entspannte Sitzhaltung und Bewegung so oft wie nur möglich und überall – das wird in unserem Alltag immer schwieriger. Allerdings nehmen auch die Möglichkeiten zur Abhilfe zu, nach dem Motto: „Gefahr erkannt, Gefahr gebannt“. Fürs Auto gibt es inzwischen ergonomische Sitzauflagen, für anstrengende Steharbeit existieren Stehhilfen. Die ergonomischen Anwendungsmöglichkeiten sind meiner Meinung nach noch lange nicht ausgeschöpft, hier entwickelt sich ein großer Markt.
10. Wie sehen Sie die Rolle ergonomischer Möbel in der Zukunft?
Ich bin zuversichtlich. Eine individuellere Betreuung in Sachen persönlich angepasster Stühle wird sich gegen den Trend der Massenbestuhlung durchsetzen, schon allein weil die Schädigungen und Schmerzen aufgrund falschen Sitzens zu einer Volkskrankheit geworden sind. Wir dürfen aber nicht vergessen: Die Kunden brauchen nicht nur einen ergonomisch passenden Stuhl, sie müssen auch über die richtige Sitzhaltung fachmännisch geschult werden. Beides ist A und O der guten Ergonomie.